Zum 23. Mal versammelten sich Offiziere der Bodenseeanrainerstaaten zur Militärreunion. Eine illustre Schar traf sich im Rahmen der Festlichkeiten zum Jubliäum 25 Jahre Walgau-Kaserne in Bludesch. Neben den interessanten Einblicken in die Ausbildung der Gebirgsjäger und der Teilnahme an der „Angelobung“ zum Ausbildungsstart der Soldaten konnte sich die Delegation der Offiziersgesellschaft Bodensee auch von der schwierigen finanzpolitischen Situation des österreichischen Bundesheers überzeugen.
Zirka 70 Personen folgten dem Aufruf zum Besuch der Walgau-Kaserne. Insbesondere die deutsche Delegation aus aktiven Mitgliedern und Reservisten der Bundeswehr vermochte quantitativ zu beeindrucken. Lange Zeit war unklar, ob die Veranstaltung von den politischen Vorgesetzten in Wien überhaupt genehmigt werden würde. Dementsprechend spät konnten die Organisatoren eine definitive Einladung aussprechen. Sie stellten zudem in Aussicht, dass der Anlass wohl zum letzten Mal in Österreich ausgerichtet werden konnte.
Militärgeschichtlicher Einstieg
Nach einer kurzen Begrüssung durch die Organisatoren blickte Oberst Prof. Erwin Fitz angesichts des 100jährigen Gedenkens auf den Kriegsbeginn 1914 zurück. In einem ausführlichen Referat beschrieb er die allgemeine und besondere Lage unmittelbar vor Ausbruch des Krieges. Ihm gelang es inbesonders, die ursprüngliche Absicht eines begrenzten Konflikts in Serbien herauszuschälen. Gleichermassen dezidiert analysierte er die Rollen der europäischen Grossmächte und deren Vertretern. Fitz sprach treffend von einem „In-den-Krieg Stolpern“.
Truppen des Vielvölkerstaates
Wiederholt vermochte Fitz die besondere Rolle von Österreich-Ungarns herauszuschälen. Aufschlussreich war seine Analyse der Kommandostruktur, der Truppen, der Ausrüstung und der zahlreichen Sprachen innerhalb der Verbände des Vielvölkerstaates. Ein ausführlicher ereignisgeschichtlicher Teil über die einzelnen Phasen des ersten Weltkrieges rundete den Vortrag ab.
Angelobung
Im Rahmen des 25jährigen Jubiläums der Walgaukaserne wurde die sogenannte Angelobung der Rekruten dieses Jahr in den Kasernenhof verlegt. Die Delegation der Militärreunion nahm an diesem Festakt auf Seiten der Ehrengäste teil. Die Angelobung erfolgt im Bundesheer nach Abschluss der allgemeinen Basisausbildung, somit nach vier Wochen Wehrdienst. Dazu sind die Angehörigen, die Medien und die allgemeine Öffentlichkeit eingeladen. Trotz unsicherer Wetterlage säumten zahlreiche Zaungäste den Platz.
Rekruten im Aktivdienst?
Der Vergleich mit dem Schweizerischem Eid oder Gelübde für den Aktivdienst ist durchaus angebracht, wenn man die Gelöbnisformel im Wortlaut liest: „Ich gelobe, mein Vaterland, die Republik Österreich, und sein Volk zu schützen und mit der Waffe zu verteidigen. Ich gelobe, den Gesetzen und den gesetzmäßigen Behörden Treue und Gehorsam zu leisten, alle Befehle meiner Vorgesetzten pünktlich und genau zu befolgen und mit allen meinen Kräften der Republik Österreich und dem österreichischen Volke zu dienen.“ Diese Formel wurde vor- und von den Rekruten laut nachgesprochen.
Jägerbataillon 23
Das Jägerbataillon 23 ist seit 10 Jahren in Bludesch stationiert. Es ist Bestandteil der 6. Jägerbrigade, welche neben einem Stabs- und Pionierbataillon noch zwei weitere Jägerbataillone umfasst. Ein Jägerbataillon wird für den Gebirgskampf ausgebildet, ausserdem beherrscht es die normalen Gefechtsaufgaben der Infanterie. Neben den speziellen Techniken und Geräten des Gebirgskampfes werden die Rekruten auch an Panzerabwehrlenkwaffen, Granatwerfer, Maschinengewehr und Scharschützengewehr ausgebildet.
Militärpolitische Misere
Für Schweizer Ohren ungewohnt war die Deutlichkeit der Kritik an der Bundesfinanz- und Sicherheitspolitik durch die Vertreter der lokalen Exekutive. Landesrat Erich Schwärzler sprach sich in seiner Rede für die Beibehaltung regionaler Sicherheitsstrukturen aus. Nur wer sein Land, seine Region kenne, sei zur richtigen Zeit am richtigen Ort. Die ebenfalls anwesenden Vertretern des Nationalrates erinnerte er daran, dass sich das Volk in der nicht bindenden Volksbefragung vom 20. Januar 2013 mit 59.7% klar für die Beibehaltung der Wehrpflicht ausgesprochen habe. Die Regierungsparteien hätten sich verpflichtet, sich an das Ergebnis zu halten.
Geringes Budget
Das Österreichische Bundesheer verfügte 2013 über ein Budget von 2.16 Milliarden Euro, was 0.88% des Bruttoinlandproduktes entspricht. Relativ ist dies der weltweit der tiefste Wert. Vor diesem Hintergrund ist es nicht erstaunlich, dass momentan einzelne persönliche Ausrüstungsgegenstände des Berufskaders auf eigene Rechnung angeschafft werden müssen. Das Land Voralberg stiftete unlängst 40 moderne Tourenkis für die Hochgebirgsausbildung.
Geringes Budget
Militärkommandant Ernst Konzett verwies des weiteren auf das zunehmende Auseinanderklaffen zwischen Auftrag und Mittel. Das Österreichische Bundesheer leiste seit mehreren Jahren Dienst in Auslandsmissionen. Investitionen in Fahrzeuge und Material blieben derweil aus. Er fürchte nicht nur um die Auftragserfüllung und die Einsatzbereitschaft, vielmehr mache er sich zunehmend um das Ansehen der Streitkräfte Sorgen.
Gute Betreuung
Nach einem kurzen Rundgang durch die Austellungen des gleichzeitig anberaumten Tages der offenen Tür und einem militärischen Mittagessen wurden die Besucher der Reunion verabschiedet. Unter denkbar ungünstigen und turbulenten Bedingungen ist es den Organisatoren gelungen, eine interessante und würdige Veranstaltung anzubieten. Thomas Hugentobler, Präsident der Offiziersgesellschaft Bodensee brachte es in einer kurzen Dankesrede angesichts des unklaren Weiterbestandes der Militärreunion in Österreich auf den Punkt. Nächstes Jahr seien die Kameraden aus Deutschland ‚dran, hernach seine Offizierskameraden; er sähe gute Chancen, dass sich die Verhältnisse in Österreich bis 2016 soweit gebessert hätten, dass einer erneuten Ausrichtung in Voralberg nichts im Wege stehe.